Die Krise wird erst in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts unterbrochen, wo es nach dem Friedensvertrag 1815 zur Freimachung der Auslandsmärkte und zur neuen Konjunktur kommt. Es steigt die Vorliebe am farbigen Glas. In den böhmischen Ländern beginnt man mit der Entdeckung von neuen farbigen Glasmassen und den Veredelungstechniken zu experimentieren. Nordböhmen trägt zu diesen Innovationen vor allem dank der Persönlichkeit des Glastechnologen Friedrich Egermann (1777-1864) bei. Egermann, ausgelernter Glasmaler, hat allmählich in seinem Atelier in Polevsko /Blottendorf/, später in Nový Bor eine Reihe von Techniken entdeckt und vervollkommnet, wodurch er zur Belebung der hiesigen Glasproduktion und zur Exportstärkung beigetragen hat. Zu seinen ersten Entdeckungen im Bereich des gemalten Glases gehört mattiertes, s.g. Achatglas, kombiniert mit feiner Malerei und seit 1824 Biskuit- und Perlmuttemail. Im Jahre 1818 wird in die Produktion auch die Gelbbeize eingeführt. In den 20er Jahren kommt Egermann mit s.g. Lithyalin - einem neuen Typ vom Farbglas, an Marmor erinnernd, das später erfolgreich auf dem ganzen Gebiet erzeugt und verziert wurde. Die bedeutendste Entdeckung war 1834 die Rotbeize. Die vor allem mit Schleifen und Gravieren dekorierte Beize wird zu einer von beliebten und charakteristischen Techniken der Region von Nový Bor. Egermanns Atelier arbeitete mit den besten Glasmalern seiner Zeit zusammen und durch sein Beispiel verhalf der Erhöhung des Niveaus des gemalten Glases in der Region von Nový Bor. Er selbst war eine anerkannte Persönlichkeit und obwohl sich seine Entdeckungen rasch verbreitet haben, gehörte seine Werkstätte in Nový Bor zu den erfolgreichsten im Land.
Im 19. Jahrhundert kehrt auch die Beliebtheit des gravierten Glases zurück. Die Graveure in der Umgebung von Nový Bor und Kamenický Šenov erreichten ein ausgezeichnetes Niveau und manche feierten Erfolge auch im Ausland. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beteiligen sich dann die besten Meister an der berühmten Raffinerie des Wiener Unternehmers Ludwig Lobmeyr, die in Kamenický Šenov gegründet wurde. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wird die hiesige Produktion fortgesetzt, ohne Rücksicht auf den sich ändernden Geschmack, in den traditionellen Techniken aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wie die Veredelung durch verschiedene Malertechniken, Beizen, Schleifen und Gravieren sind. Die nordböhmische Glasindustrie verliert also ihre privilegierte Stellung und den Einfluss auf die Glasindustrie in der Welt.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstehen erste Glasschulen. Die Glasschule, die 1856 in Kamenický Šenov gegründet wurde, wird für die älteste in Europa gehalten. Etwas später, im Jahre 1870, entsteht eine ähnliche Schule in Nový Bor, die an das untergegangene piaristische Kollegium anknüpfte, wo schon seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts die pädagogische Tätigkeit der Mitglieder des piaristischen Ordens an die Ökonomik und das Glasfach orientiert wurde. Beide Schule haben während ihrer Existenz also neue künstlerische Ansichten an das Glas erweitert und so der Orientierung der hiesigen Industrie verhalfen. In beiden Schulen wird bis heute unterrichtet. Für die Erhaltung der Glastradition in der Region sorgen die Glasmuseen in Nový Bor und Kamenický Šenov. Das Museum in Nový Bor wurde schon im Jahre 1893 aus der Sammlung der einheimischen Glasmeister und Händler gegründet. Heute kann man im Glasmuseum, das sich auf dem Platz befindet, eine reiche Sammlung von Glas sehen, das durch hiesige traditionelle Techniken veredelt wurde. Das Museum in Kamenický Šenov entstand zwischen den Weltkriegen. Es konzentriert sich auf die Dokumentation und Präsentation des geschliffenen und vor allem gravierten Glases in dieser Region und auf die Produktion der Wiener Firma Lobmeyr. Dieses Glasmuseum veranstaltet jedes zweite Jahr internationale Symposien des gravierten Glases.
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